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Agiles Management: "Finde ich gut" ist keine Wertschöpfung, "Finde ich doof" auch nicht

Agile Manager brauchen neue Fähigkeiten; von Andreas Karutz
Agiles Management

Hierarchie und Wertschöpfung: nicht immer passt die Flughöhe zum Ergebnis.

 von Andreas Karutz


Agile Manager setzen den Punkt

„Tut mir leid, ich habe keine Verwendung mehr für Sie.“

So einen Satz haben schon viele Mitarbeiter von Vorgesetzten gehört. Egal in welcher Form, in welchem Tonfall und unter welchen Umständen die Mitarbeiter auf eine anstehende und von ihnen selbst zu findende „Anschlussverwendung“ verwiesen wurden. Das ist normal und niemand würde einem Chef daraus einen Strick drehen.

 

Nun stellen Sie sich vor, Mitarbeiter würden zu ihrer Führungskraft gehen und sagen, „Chef, wir haben uns über Ihre Leistung beraten und leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Sie uns in der Arbeit behindern. Bitte suchen Sie sich woanders eine neue Aufgabe.“ Wäre das anmaßend? Gar eine Revolution? Nun ja… 

 

Schleifen machen langsam

Wer kennt sie nicht, die Abstimmungsschleifen in Unternehmen, das Einbringen von Entscheidungsvorlagen und alle liebgewonnenen Genehmigungsrituale, die sich in Unternehmen typischerweise entlang der Hierarchie ansiedeln. Da muss erst dem Abteilungsleiter vorgelegt werden, dann dem Bereichsleiter und dem Geschäftsführer.

 

Oder ein Lenkungsausschuss verlangt nach Power Point, ein Steuerungsteam, der Vorstand oder wer auch immer wollen bedient werden. Wie wuchernder Muschelbewuchs an einem Schiffsrumpf verlangsamen solche Entscheidungsschritte ein Unternehmen, konkret die Fähigkeit, für den Kunden da zu sein. Mehr noch, diese Form der Entscheidungsfindung kostet sehr viel Energie der Mitarbeiter (natürlich auch Geld, aber darum soll es jetzt nicht gehen).  

 

Und wer soll dabei sein?

Lässt man sich von dem verwegenen Gedanken treiben, dass nur diejenigen Mitarbeiter an einer Sache arbeiten sollten die auch einen wertvollen Beitrag leisten können, so kann man die Frage stellen: Was leistet eigentlich ein Chef in einer Genehmigungsschleife? Genauer gefragt, welchen Mehrwert an Verbesserung der Kundenleistung bringt ein Chef ein, der am Ende der Kette eine Entscheidung über das Gesamtwerk von Vielen zu treffen hat?

 

Chefs werden jetzt sagen, die Entscheidung an sich, die ist wertvoll. Schließlich geht es oft um die Akzeptanz von Teilergebnissen, um Neujustierungen und um Budgets. Klar, das ist schon wichtig und muss gemacht werden. Aber wann und durch wen und auf Basis von welchem Wissen?

 

Ich habe in verschiedenen Firmen den Aufwand und die Zeit quantifiziert, die mit der Erbringung von Mehrwert (= Leistungen, die für den Kunden relevant sind) und mit der Erstellung von Excel und Power Point Vorlagen (= die das nur empfängergerecht für interne Entscheider beschreiben) aufgewendet wurden.

Das Resultat war niederschmetternd.

 

Zwar kennt jeder die Witze die in Form von Sprüchen oder Cartoons durch die Firmen geistern und die vom Büroschlaf handeln, von Beförderung wegen fehlerlosen Nichtstuns, von Kunden die im Weg stehen und vom eigenen Unternehmen als unbewegliche Behörde für irgendwas künden, aber ändern kann das niemand.

Der Grund ist psychologischer Art. Ein Chef ist immer wichtig. Wer wichtig ist, dem wird präsentiert oder eine Unterlage eingereicht. Je wichtiger ein Chef ist, desto formaler ist der Rahmen und der gestalterische Aufwand der Unterlagen und die Zahl der Teilnehmer. Dabei ergeben sich viele Entscheidungen meistens zwingend aus den Unterlagen oder wurden schon im Vorfeld informell abgesprochen.

 

Die bessere Führungskraft ist agil

Das ist nicht immer so drastisch, aber wenn der Wertschöpfungsbeitrag nicht der erreichten Flughöhe in der Hierarchie entspricht, dann liegt das oft am Unterschied zwischen einem traditionellen Chef und einer agilen Führungskraft. Im ersten Fall ein „Bestimmer“, im zweiten Fall ein „Möglichmacher“. Agile Chefs schaffen Rahmenbedingungen und befähigen ihre Mitarbeiter zu Höchstleistungen, aber sie unterliegen keiner Kompetenzillusion aufgrund ihrer Stellung in der Organisation.

 

In einer agilen Welt verschwinden die meisten dieser ritualisierten Veranstaltungen wie der Verwesungsgeruch aus einer Abdeckerei in einem Nordseesturm. Mehr noch, durch ein regelmäßiges Feedback erfahren die Führungskräfte von ihren Mitarbeitern, wie sie diese darin unterstützt haben, über sich hinauszuwachsen und als Gruppe Ergebnisse zu erzielen, die alleine nicht zu schaffen gewesen wären.

Das beeinflusst auch die Boni, und da knüpfen die Interessen von Führungskräften und Mitarbeitern an.