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Unternehmenskultur: Ist das Esoterik? Warum Kulturwandel, Digitale Transformation und Betriebswirtschaft Geschwister sind

Unternehmenskultur und Digitale Transformation; von Andreas Karutz
Unternehmenskultur

 

Die praktizierte Unternehmenskultur ist der Kitt der eine Organisation zusammenhält oder sie auseinander fallen lässt. Kultur ist ein Abbild der Verhältnisse. Ein kultureller Wandel bedeutet also, an einer Änderung der Verhältnisse zu arbeiten. Das hat meistens harte betriebswirtschaftliche Gründe und muss vom Top-Management angeführt werden.

 

von Andreas Karutz   


Die digitale Transformation wird nicht allein durch die Anwendung betriebswirtschaftlicher Instrumente beherrscht

Die Digitalisierung und das Geschäft von morgen

In nicht wenigen Unternehmen wird das Thema „Digitalisierung“ (digitaler Wandel, digitale Transformation, digitale Geschäftsmodelle etc.) als technisches Thema verstanden, das inhaltlich und verantwortungsmäßig in der IT verortet wird. Das ist falsch. Schließlich kommt aus der IT weder das Angebot von morgen noch kreiert sie neue Geschäftsmodelle (außer vielleicht im engeren IT Geschäft).

 

Die IT ist nicht in den Dimensionen Markt, Kunde, Konkurrenz zu Hause. Die IT baut die Infrastruktur für digitale Geschäftsmodelle. Diese erhält sie als vom Management erarbeitete und formulierte Vorgabe. Gleiches gilt für die zukünftige Organisation der Firma, die auch nicht in der IT designt wird. Die IT muss aber inhaltlich anschlussfähig sein an z. B. Marketing, Vertrieb, Business Development, Produktmanagement und andere Fachbereiche in den jeweiligen Branchen.  

 

Kurz: Am Anfang steht der Unternehmensbedarf mit der Strategie, dann folgen Technologie, Prozesse und Tools. Nur in dieser Reihenfolge kann eine digitale Transformation erfolgen. 

Digitalisierung und das Geschäft von morgen

 

Betrachtet  man eine Firma im 3-Horizonte-Modell, so werden die aktuellen Produkte und Leistungen (Horizont 1) und die in Erarbeitung befindlichen Innovationen (Horizont 2) mit der heute gegebenen Aufstellung des Unternehmens erstellt. Die Grundlage für das aktuelle Geschäftsmodell ist eine Strategie, die sagt, welche Produkte und Leistungen für welche Marktsegmente, Kundengruppen, Regionen, Absatzkanäle usw. angeboten werden und was dafür investiert wird. Das Management setzt diese Strategie um und   

  1. entwickelt geeignete Prozesse (Dutzende, oder ja nach Betrachtung auch hunderte in einem Unternehmen aus Produktion, Kundenbearbeitung, Personalentwicklung, Marketing, Finanzwesen etc.)
  2. beschafft oder entwickelt die benötigten Technologien (IT-Systeme, Maschinen, Logistik, Infrastruktur)
  3. formt eine zweckmäßige Organisation (Menschen und Aufgaben zugeordnet), die das ins Laufen bringt.
Digitale Transformation und Strategie im Mittelstand, von Andreas Karutz

In jedem Unternehmen liegen auf diesen strategischen Feldern (Prozesse, Technologie, Organisation) viele Millionen Euro und es wird ständig investiert, um den Kundenansprüchen zu genügen und um im Wettbewerb zu bestehen.

 

Die Horizonte H1 und H2 sind im Fokus des Managements und werden permanent überwacht, gesteuert und überprüft. Es sind die Horizonte für SWOT-Analysen, für Pläne und Projekte und weitere betriebswirtschaftliche Instrumente, die genau diesen Teil der Welt abdecken. Daraus entstehen im Unternehmen laufende Verbesserungen und Initiativen "heute" (Prozesse, Produkte, Leistungen), mit Auswirkungen für "demnächst". 

 

Horizont 3, also die Kunden, Konkurrenten und Märkte von morgen, kennen wir nicht. Für das Angebot von morgen mag es nicht mal eine Idee geben. Horizont 3 ist eine Black Box. Um diese Black Box auszuleuchten gibt es diverse betriebswirtschaftliche Ansätze und Unternehmen wenden erhebliche Anstrengungen auf, in die Black Box hineinzusehen. Das muss man nicht ablehnen. 

Digitalisierung im Mittelstand und die Produkte von morgen, von Andreas Karutz

Entscheidend ist, wie ein Unternehmen seinen Horizont 3 einschätzt. Geht ein Unternehmen von stetigen und prognostizierbaren Veränderungen aus (H2 und immer nur ein planbares Stückchen mehr, quasi von H2.1 zu H2.2 etc.), gibt es keinen Grund für Veränderungen.

 

Wer die Zukunft als eine Art modifizierte Gegenwart einschätzt braucht sich nicht zu verändern. Allenfalls optimiert man die bestehenden Prozesse und Tools im Sinne der Effizienz und passt sich im Rahmen der gegebenen Organisation an. Es gibt Unternehmen für die das Realität ist.

 

Erst wenn eine Unternehmensführung die Wucht des Themas "Digitalisierung" in allen Facetten (Technologie, Produkte, Wettbewerbsarena, Kundenverhalten) als nachhaltig bedrohlich für das angestammte Geschäft ansieht (disruptiv), braucht man andere Lösungen. Vor allem braucht eine Firma dann andere Befähigungen.

Agilität im Mittelstand und Management, von Andreas Karutz

Will sich ein Unternehmen nicht nur auf die Anwendung von betriebswirtschaftlichen Methoden und Instrumenten beschränken, braucht es mehr. Damit kommen wir zur Unternehmenskultur.

Der Schlüssel zur Bewältigung disruptiver Veränderungen ist die Unternehmenskultur

Disruptive Herausforderungen werden bewältigt von kreativen, begeisterten und leistungsstarken Menschen, die vernetzt und kooperativ arbeiten. Dieser Satz hat heutzutage axiomatischen Charakter.

 

Folgt man dieser Bewertung, so besteht die Aufgabe darin, ein Umfeld und eine Organisation zu schaffen, die Potenziale hebt und Mitarbeitern Entfaltungsmöglichkeiten und Freiräume schafft. Das erfordert auch eine neue Art der Führung und des Umgangs miteinander. 

 

Unternehmenskultur ist alles das, was die Arbeit, das Verhalten und damit das Miteinander im Unternehmen bestimmt. Der Weg zu einem definierten Zustand ist der Kulturwandel und der kann nur von der Unternehmensspitze angeführt werden.

Die digitale Transformation ist zuallererst ein Kulturthema und gehört ins Top-Management


Kultur ist Beziehung. Die Qualität von Beziehungen lässt sich schwer messen, aber sehr wohl fühlen. Das lässt sich beschreiben:

  • Die niedergeschriebenen Leitlinien (Werte und Regeln des Umgangs miteinander) und das tatsächliche Verhalten im Unternehmen
  • Rituale, Symbole und das Arbeitsumfeld
  • Organisation, Entscheidungsprozesse, Verantwortung und (Macht-)Partizipation
  • Bonus/Malus-Systeme
  • Kommunikation über Hierarchieebenen hinweg
  • Die Stories auf den Fluren und die Memes an den Pinnwänden

Das sind Faktoren, die die Unternehmenskultur erfühlen lassen und für die ein anzustrebender Zustand definiert werden muss. Die Unternehmensspitze muss diesen Prozess initiieren und eine Vision vermitteln, die Richtung bestimmen und einen Rahmen setzen. Damit beginnt die digitale Transformation mit der Kulturarbeit im Unternehmen.

 

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